Von der Kirche zum Militär

James kenne ich seit fast 30 Jahren. Nach seinem Theologiestudium war er mehrere Jahre Pastor. Ich erinnere mich gut an unser Wiedersehen nach dem Bürgerkrieg, als er plötzlich in Soldatenuniform vor mir stand. Offen gesagt war ich bei dieser Art der Umschulung sehr skeptisch, habe ihn auch gebeten, seinen Entschluss, von der Kirche zum Militär zu wechseln doch noch einmal zu überdenken. Ohne Erfolg. 15 Jahre später war er bei den Streitkräften inzwischen im Rang eines Hauptmanns für Schulungen tätig und lud mich nach Mongegba ein, einer ländlichen Bergregion der Western Area unweit der Hauptstadt Freetown. Dort gründete James mit eigenen finanziellen Mitteln sowohl eine kleine lebendige Gemeinde als auch eine – nicht minder lebendige – Grundschule. Einige Jahre beobachtete ich das Schulprojekt, das James ins Leben rief – mit nur bescheidenen Mitteln, aber mit ganz viel Herz.

Benachteiligte Mädchen im Fokus

Nach meiner diesjährigen Reise zusammen mit Matthias Mohr waren wir beide davon überzeugt, dass die Inter-Mission diese Schulkinder mit Patenschaften unterstützen sollte. Kinder, die sonst wenig oder gar keine Chance auf eine Schulbildung hätten, sondern im Steinbruch arbeiten, Feuerholz sammeln oder die Eltern beim Verkauf kleiner Produkte unterstützen würden.

Durch persönliche Patenschaften sollen die Kids mit Schulmaterial und Uniformen versorgt werden. Hinzu kommen ergänzende Verpflegung, Sport- und Spielangebote sowie Lehrerfortbildungen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Förderung von benachteiligten Mädchen, z.B. durch Bereitstellung von Monatshygieneartikeln oder Betreuung im Falle von leider oft verbreiteter sexueller Gewalt.

Das jetzige Schulgebäude besteht nur aus einem Provisorium, die einzelnen "Klassenräume" sind durch Vorhänge oder Bambusblätter getrennt und entsprechen nicht den auch in Sierra Leone vorgeschriebenen Corona-Maßnahmen. Hier wollen wir unbedingt helfen und im nächsten Jahr für ein neues Schulgebäude sorgen.

Neuer Unterstützer - Alter Name

Als ich James den Vorstandsbeschluss über die Förderung mitteilte, war seine Freude so groß, dass er aus Dankbarkeit gar den Namen der Schule ändern wollte. Statt ursprünglich Boi-Kambeh-Grundschule sollte der Name nun Inter-Mission enthalten. Aber da musste ich widersprechen, nachdem mir James folgendes schrieb:

„Der jetzige Name ist Boi-Kambeh-Grundschule. Boi-Kambeh ist der Name meiner Mutter. Sie war die älteste von drei Geschwistern. Sie konnte nicht zur Schule gehen, denn sie musste Feuerholz sammeln, Gartenarbeit verrichten und die geernteten Produkte verkaufen, um damit ihren jüngeren Zwillingsschwestern den Schulbesuch zu ermöglichen. Somit lebte und starb sie als Analphabetin, trug aber zum Schulbesuch anderer bei. In Erinnerung an sie habe ich ein kleines Projekt gestartet, das ich Boi-Kambeh Bildungsstiftung nannte und übernahm Schulgebühren für unterprivilegierte Mädchen. Als die Zahl der Familien zunahm, die sich den Schulbesuch ihrer Kinder aufgrund des geringen Einkommens nicht leisten konnten, gründeten wir im Jahr 2014 eine Schule und nannten sie Boi-Kambeh-Grundschule.“

Als Inter-Mission werden wir diese Schule gern unterstützen und würden uns freuen, wenn Sie uns durch die Übernahme einer persönlichen Patenschaft dabei helfen – aber der Name soll erhalten bleiben!

Autor: Michael Miezal