Vetternwirtschaft auf Kosten der Bevölkerung

Die politische und wirtschaftliche Notlage in Sri Lanka eskaliert weiter. Nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten sowie seines gesamten Kabinetts kehrte keine Ruhe ein, denn der Präsident, Bruder des zurückgetretenen Ministerpräsidenten, hält trotz Protesten und sich weiter verschlechternder Situation eisern an seinem Amt fest.

Entsprechend heizt sich die Lage weiter auf. In letzter Zeit häufen sich Berichte darüber, dass einzelne führende Oppositionelle und "Rädelsführer" der Aufstände, bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen.

Die wirtschaftliche Notlage eskaliert

Zeitgleich wird die wirtschaftliche Notlage immer stärker und die Unterversorgung der Bevölkerung mit den wichtigsten Gütern wie Gas, Strom und Lebensmitteln prekär. Stromabschaltungen von 12 Std. und mehr täglich sind landesweit nun normal. Gas zum Kochen, für weite Teile der Bevölkerung unersetzlich, ist fast nirgends mehr erhältlich. Eine Bevölkerung, die sich überwiegend von Reis ernährt, ist hier schnell am Rande ihrer Möglichkeiten, nicht alle können sich mit dem - ebenfalls rationierten - Petroleum behelfen und nur in ländlichen Regionen ist Brennholz ausreichend verfügbar. Aber sehr, sehr teuer geworden.

Es herrscht Hunger im Paradies

Ebenso teuer wie die Grundnahrungsmittel, die Inflation erreicht monatlich derzeit 40%. Für die arme Bevölkerung ist deshalb längst der Hunger selbstverständlich geworden. Mitten im (Touristen-) Paradies!

Raghu V., der Leiter der Hilfsorganisation ADT der nationalen Evangelischen Allianz Sri Lankas berichtet:

"Ich suchte einige meiner Freunde und ihre Familien auf, um zu sehen, wie es ihnen ergeht, und musste erfahren, dass mehrere von ihnen ihren Kindern nur noch Kekse zu essen geben können. Alles andere ist nicht mehr erhältlich oder zu teuer!" sagt Pastor S.Kumar, der Leiter unseres Projektpartners in Colombo. Er ist durch seine Jugendzeit in der Unterwelt Colombos mit vielen schwierigen Situationen vertraut und nicht leicht einzuschüchtern, aber er sagt offen, dass es ihm nicht wohl ist, jetzt auf die Straße zu gehen, weil sich jüngere Männer zu Gangs zusammentun und willkürlich Geschäfte, Verkaufsstände oder aber auch Privatpersonen überfallen und ausrauben. Es gibt viele Verletzte, doch ist bereits der Weg ins Krankenhaus schwierig. Denn der öffentliche Busverkehr ist mangels Benzin eingestellt und zunehmend sind auch private Transporteure wie Taxi- oder Tuk-Tuk-Fahrer dazu nicht mehr bereit, oder in der Lage.

"Die Lage ist meines Erachtens viel undurchsichtiger und schwieriger als selbst zu Zeiten des Bürgerkriegs", sagt er - und man hört es zwischen den Zeilen, dass er mehr als besorgt ist. Für seine Familie, für seine Gemeinde, für die Kinder, die bis vor kurzem noch ihre einzige tägliche warme Mahlzeit in seinen Gemeinderäumlichkeiten einnehmen konnten; nun aber zuhause sich selber überlassen bleiben. Und für das ganze Land.

Die Armen helfen den Kranken

Bewegend ist auf diesem Hintergrund die Nachricht am Rande, dass einige jüngere Männer und Frauen aus seiner Kirche sich aufmachten, um in ihrer Nachbarschaft in einem Pflegeheim für ehemalige Leprakranke tätig zu werden. Weil die Menschen dort lebenslang marginalisiert und isoliert sind, weil etliche der Pflegekräfte einfach nicht mehr zur Arbeit kamen, weil sie wussten, dass diese Menschen sich mit Sicherheit nicht würden selber helfen können. Sie kauften aus Eigenmitteln Lebensmittel und Seife und erwiesen diesen Menschen nach Wochen des Ausharrens schlichte Zuwendung und Hilfe bei den menschlichen Grundbedürfnissen nach Hygiene - und Zuwendung. Ebenso bewegend die Bemerkung einer Leiterin einer unserer Partnerorganisationen in Südindien am Rande, die unter ihren Heimkindern und den Eltern ihrer Privatschule gesammelt hat, um Pastor S. und seiner Gemeinde Geld für Lebensmittel zur Verfügung zu stellen.

Es gibt nichts mehr

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in anderen Landesteilen und weiteren Städten ab. "Heute musste ich nach 5 Stunden Wartezeit an der Tankstelle wieder mit leerem Tank nach Hause zurückfahren, es gibt nichts mehr.

Vielleicht habe ich morgen an einer anderen Tankstelle mehr Glück, wenn ich sehr früh losgehe". So Raghu V., der Leiter der Hilfsorganisation ADT der nationalen Evangelischen Allianz Sri Lankas. Er ist ebenfalls in Colombo wohnhaft, organisiert aber deren Arbeit im ganzen Land. Die Inter-Mission unterstützt die ADT seit diesem Frühjahr ebenfalls und hilft mit, Lebensmittel zu besorgen und an hauptsächlich besonders bedürftige alleinerziehende Mütter zu verteilen. "Ihr glaubt nicht, wie dankbar wir für eure Hilfe in dieser Not sind", sagen sie beide, Raghu und Pastor S., die inmitten dieser Umstände ausharren und schauen müssen, neben der Hilfe für andere auch ihr eigenes Leben irgendwie organisiert zu bekommen.

Denn obwohl die Schulen offiziell wieder geöffnet haben, können sie ihre Kinder nicht ohne weiteres zur Schule schicken; es gibt keine Transportmittel, kein Benzin für das eigene Moped, soweit vorhanden, und in vielen Stadtteilen keine Sicherheit unterwegs.

Keine Aussicht auf Besserung

Und es gibt derzeit keine Aussicht auf baldige Änderung oder Besserung.

Zwar hat die srilankische Regierung einige der Fehlentscheidungen während der Covid-Jahre revidiert, aber sie kann auch keine internationalen Schulden mehr tilgen und somit sinkt die Bereitschaft der möglichen Geldgeber zu Investitionen. Im Hintergrund haben die beiden bisher hauptfinanzierenden Großmächte Indien und China natürlich bei aller Hilfestellung immer auch ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen. Für Sri Lanka, von beiden abhängig, gleicht dies zunehmend dem Ritt auf einer Rasierklinge.

Die Inter-Mission hat sich angesichts dieser Lage dazu entschieden, ihre Bereitschaft zu helfen zu erhöhen und unsere Partner vor Ort so weit wie möglich, auch andauernd, finanziell zu unterstützen. Damit Grundnahrungsmittel besorgt und verteilt werden können: an diejenigen, die nicht mehr in der Lage sind, sich selber zu helfen oder ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Ein solches Lebensmittel-Paket kostet LKR 10.000, ca. EUR 28 , und reicht einer Familie für ca 2 Wochen. Wir laden gerne dazu ein, mitzuhelfen!

Weitere Informationen findet ihr auch in unserer aktuellen Ausgabe der "Persönlich".